WOODY

Veröffentlicht von: am 28. September 2010

Auf hölzernen Sohlen.

„Alte Schuhe verwirft man leicht, alte Sitten schwer“, besagt ein Sprichwort, welches auch mustergültig auf das Tragen von Holzschuhen zutrifft. Denn der gute alte Holzzockel ist in den Köpfen vieler Menschen noch immer mit einem negativen Image behaftet. Als „Schuh der Armen“ ist er vielen noch aus der Kindheit in Erinnerung und holzköpfige Fashion-Autoritäten sehen schon den Zockel des Bauern bei der Stallarbeit als modische Missetat.

Dass der Holzschuh in der heutigen Zeit aber weit mehr kann als seinem Ruf voraus eilt, ist sogar schon weit über die Grenzen des Örtchens Müllnern in der Gemeinde Sittersdorf vorgedrungen. Ebendort, in einer beschaulichen Waldsiedlung am Fuße der Karawanken, ist die Schuhmanufaktur Woody beheimatet – einer der führenden Produzenten von Sandalen und Clogs mit biegsamer Holzfußbettsohle.

Geschäftsführer Gerhard Piroutz beliefert von jenem Dorf aus die halbe Welt mit hochwertigem Holzschuhwerk aus Handarbeit. In Sachen Holz weiß Mister Woody, wovon er spricht, denn in seinem traditionsreichen Familienbetrieb werden schon seit drei Generation Holzschuhe gefertigt. Derzeit produziert Woody stolze 74 Modelle auf zehn verschiedenen Sohlen und das Ganze in 52 prächtigen Farben.

Familienbetrieb mit Sägspänen im Blut
Sägespäne flossen schon durch Opa Piroutz´ Blut. Der Großvater schnitzte als Gründer der Schuhmanufaktur bereits Arbeitsschuhe für die Bauern der Umgebung und in den kalten Wintermonaten gesellten sich dann noch Holzrechen, Heugabeln und Sensenstiele dazu. Hölzerne Arbeitsgeräte sind aus der Woody-Kollektion lange verschwunden, doch geblieben ist der Familie Piroutz ihre Verbundenheit zum Naturprodukt Holz. So war die Herstellung von Berufsschuhen nur der erste Schritt für eine Neupositionierung, welche dann im Jahr 2000 in der Produktion von Sandalen und Clogs mündete. Mittlerweile liefert Herr Piroutz seine Schuhe mit biegsamer Holzbettfußsohle in Boutiquen und Schuhgeschäfte nach ganz Europa.

Vom „Schuh der Armen“ kann keine Rede mehr sein, denn die hölzerne Fußbekleidung aus dem Hause Woody wird nicht als Massenware angepriesen. „Der Schuh verkauft sich nicht über den Preis, sondern nur über gute Beratung“, untermauert Herr Piroutz seine Entscheidung, ausschließlich ausgesuchte Händler in den Vertrieb zu nehmen. Der Trend geht auch immer mehr zu Boutiquen die Holzschuhe als Kleidungsstück mitverkaufen, verrät Piroutz, der Holzschuhwerk auch als individuelle Alternative für den boomenden Trachtensektor sieht. So wird in den Wäldern im Schatten der Karawanken jedes Jahr an einer neuen Kollektion gefeilt. In Zeiten von von Crocs, MBT und Schuhen, die angeblich atmen können ist also auch Designentwicklung ein absolutes Muss.

Gehende und stehende Berufe

Schon vor hunderten Jahren waren Holzschuhe als Arbeitsbekleidung sehr gefragt. Der Stallzockel in landwirtschaftlichen Betrieben wurde erst durch das Aufkommen von billigen Plastikstiefeln in den 1980er Jahren ersetzt. In Skandinavien, dem Ursprungsgebiet der Clogs, werden noch immer große Mengen an Holzschuhen produziert. Auch in vielen landwirtschaftlichen Betrieben der Niederlande vertrauen zahlreiche Arbeiter auf die landläufigen Klompen. Im Vergleich zu den Clogs sind diese vollständig aus Holz gefertigt und umschließen den Fuß auch im Fersenbereich.

Um besseren Tragekomfort zu erzielen wurden früher an vielen Holzschuhen noch Teile von Autoreifen aufgenagelt. Die größte Innovation stellte im Lauf der Jahre allerdings die biegsame Sohle dar. Herr Piroutz erklärt die einzigartigen Eigenschaften der Woody-Holzfußbettsohle: „Das natürliche Abrollen des Fußes wird unterstützt und dadurch eine wesentliche Verbesserung des Laufkomforts gegenüber starren Holzschuhen und Clogs ermöglicht“. Seine Holzschuhe eignen sich besonders für gehende und stehende Berufe. In unseren Breiten ist Holzschuhwerk vermehrt in Wäscherein, Küchen, bei medizinischem Personal als auch in Tischlereibetrieben und bei Mechanikern im Einsatz.

Munter durch den Winter zockeln?
Dass Woody-Geschäftsfüher Gerhard Piroutz von seinen Holzschuhen schwärmt ist naheliegend, dass er nur im Besitz eines Paares „normaler Schuhe“ ist und dieses, wie er hoch und heilig versichert „eh nur in Notfällen anzieht“, erscheint dem konventionellen Schuhträger äußerst merkwürdig. Doch dass Mister Woody den Holzzockel „als idealen Schuh für den Winter“ bezeichnet, schweift dann schon fast ins Groteske ab.

Frieren mir mit einem offenen Holzzockel bei eisigen Temperaturen nicht die Zehen ab? Herr Piroutz kämpft mit Vorurteilen dieser Art schon länger und untermauert die Winterfestigkeit der Holzschuhe durch eine kleine Anekdote:  „Du mit deine bledn Schuah!“, wurde er beim Eisstockschießen immer gehänselt, doch „mir wor nie fiaßkolt“ erzählt er und alle anderen hätten kalte Füße gehabt. „Die beste Isolierung gegen Kälte ist immer Holz. Viele glabn, du konnst im Winter kan fersenoffenen Schuah trogen“. Doch diese Meinung ist laut Mister Woody komplett falsch. „Durch die Bewegung der Zehen in einem Holzschuh wird die Durchblutung immer wieder angeregt und dir wird einfach nicht kalt“.

Für jene, die das nicht in ihre Köpfe bekommen, gibt es in der Herbst/Winter Kollektion von Woody auch  mit Lamm oder Kalbsfell gefütterte Stiefel und Stiefletten. Sicher ist sicher. Und was passiert dann im Sommer? „Holz ist temperaturausgleichend – es kühlt im Sommer“, erläutert Herr Piroutz den sommerlichen Vorteil des Naturproduktes mit einem Grinsen im Gesicht.

…”ein paar Zentimeter Sohle tragen dein ganzes Gewicht – ein Leben lang”

„Viele Menschen, besonders Männer, übersehen richtiges Schuhwerk“, gibt Herr Piroutz zu bedenken, „obwohl die paar Zentimeter der Sohle tragen dein ganzes Gewicht – ein Leben lang“.  Ohne richtiges Schuhwerk stellt sich viel früher Müdigkeit und Fußbrennen ein. Darüber hinaus sind Holzschuhe auch vom hygienischen Aspekt her ideal. Während Schweiß und Geruch bei Leder oder Korkfußbetten nie wegzubekommen ist, lassen sich Holzfußbetten mit einer Handbürste und etwas Seifenlauge ganz einfach und wirkungsvoll reinigen.

Weiters führt Mister Woody die hohe Eigendämpfung der Kautschuksohle sowie die anatomische Form des Fußbettes an, welche sich im Vergleich zu anderen Schuhen nicht verformen kann. Jahrelange Erfahrung und unzählige Tests sondern die anatomisch besten Fußbetten aus, was laut Herrn Piroutz „höchsten Holzschuhkomfort garantiert.“

Bis allerdings eine einzelne Sohle in seinem Betrieb fertig gestellt ist, müssen freilich erst 21 verschiedene Handgriffe erledigt werden. Vom Schnitt und Fräsen des kammergetrockneten Weidenholzes aus den Donauauen, über die Einschäumung des Natur-Kautschucks für die Biegsamkeit der Sohle bis hin zur Qualitätskontrolle. Verantwortlich dafür sind 19 Woody-Mitarbeiter, die übrigens ausnahmslos aus der näheren Umgebung stammen und lückenlos mit Holzschuhen besohlt sind. Eine Erfolgsgeschichte auf hölzernen Sohlen.

WOODY…

… wurde 1922 von Großvater Piroutz gegründet
… kommt aus Müllnern, nähe Rückersdorf in der Gemeinde Sittersdorf
… wird ausschließlich aus Naturprodukten und in Handarbeit gefertigt
… ist Fuß-Klimaschützer und Holzschuh-Consultant
… beschäftigt 19 Personen aus der näheren Umgebung
… steckt viel Geld und Zeit in Entwicklung, Tests und Design
… Chef Gerhard Piroutz besitzt nur ein Paar Schuhe, die nicht aus Holz sind